Ein Tagebuch verfolgt die »Linie des eigenen Lebens« (Max Dessoir). Das gilt für das Tagebuch von Kyung-hwa Choi-ahoi in besonderem Maße da sie schreibt und zeichnet ohne einer der Techniken zu bevorzugen. Das hier zusammengestellte Textkonvolut ist eine gekürzte Fassung aus zehn Jahren privater Tagebucharbeit begleitet von 10 Jahren Tagebuchzeichnung, von denen ein kleiner teil im Buch zu sehen ist.

Der Anthropologe Fritz Kramer, der als Professor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg unterrichtete und dessen Schülerin Kyung-hwa Choi-ahoi war, betonte stets, den privilegierten Betrachterstandpunkt den Nichteuropäer beim Studium zum Beispiel an einer Hamburger Hochschule haben, es ist genau dieser privilegierte Betrachterstandpunkt, der die Kurznotizen und längeren Textpassagen von Kyung-hwa Choi-ahoi so eigentümlich nahe rücken lässt, kein Hamburger Ureinwohner wird so präzise und im selben Moment befremdet über die Gehsteige, Tauben, Friseure, Prostituierten, Wetterlagen der Stadt berichten können.

Ein Tagebuch, das Medium der Selbstvergewisserung, wird hier zum Kardiogramm. Kyung-hwa Choi-ahoi beschreibt und zeichnet Dinge, die sie beobachtet hat und welche sie beschäftigten. Die Ereignisse sind weder spektakulär noch sonst in irgend einem grad reißerisch. Der Stil ist direkt und unmittelbar, durchwoben von einer anarchischen Grammatik, welche die Sprache als Mittel poetisch bruchstückhafter Reflexion um so deutlich zur Geltung bringt.

Die Künstlerin Kyung-hwa Choi-ahoi wurde1967 in Seoul / Südkorea geboren, und lebt zur Zeit in Hamburg. Sie studierte u. a. an der HfbK Hamburg bei Werner Büttner und Fritz W. Kramer.

Nora Sdun